31. Oktober / km 3617

31. Oktober / km 3617 / Kasr el Kebir (M)

Es sind ja oft die kleinen ersten Eindrücke, die lange nachwirken. Gestern auf der Fähre, froh uns für kurze Zeit der nassen Sachen entledigen zu dürfen und etwas Wärme zu tanken, suchen wir uns einen freien Platz (davon gibt es viele) und füllen die Einreiseformulare aus. Wenige Minuten später spricht uns ein junger Mann auf Englisch an. „Das hier sind unsere Plätze. Wir haben hier gesessen, stehen nun an der Bar, sie können hier nicht bleiben, bitte gehen Sie.“

Nichts hatte darauf hingedeutet, dass hier besetzt ist, wir bleiben. Dann kommt der Rest der Familie, setzt sich (genug Platz für alle). Sie würdigen uns kleines Blickes, zeigen uns ziemlich deutlich, dass wir nicht willkommen sind, drücken mit ihren gold-beringten Händen auf den allerneusten Handys rum … Ihr super teures blitzeblankes  Auto, steht in der ersten Reihe zum Verlassen der Fähre. Sie sind es auch die als erstes den Motor anlassen, die anderen verpesten und am liebsten noch die Fußgänger übern Haufen fahren würden. So ein arrogantes, neureiches Pack!

In Tanger ist durch den Status der Freihandelszone viel Geld gemacht worden. Das spürt man, das sieht man. Aber – müssen die mit ihren dicken Land Rovern deshalb durch die engen Gassen brettern und alles andere von der Straße fegen? Und der arrogante Blick, – der ist uns gestern Abend noch öfter begegnet.

Heute Morgen sah die Welt wieder anders aus. Kein Regen, Frühstück, Internetcafé, Wasser kaufen, Ketten ölen und hinaus aus der Stadt.

Fahrradwartung vor der Weiterfahrt, die Ketten haben schwer gelitten

Es wird ländlicher und die Menschen freundlicher. Sobald man jemanden grüßt, strahlen sie zurück, winken und grüßen. Manche Kinder sind ganz aus dem Häuschen, rennen winkend an die Straße. Buben reiten auf Eseln. Schäfer, Kuh- und Schafshirten am Wegesrand.

… und hier gibt s Melonen

Der motorisierte Teil der Bevölkerung steht auf Mercedes, am besten Diesel 240, noch besser in quietsch-cyan lackiert.

Überall hat der Regen seine Spuren hinterlassen, ganze Felder sind überflutet.

Land unter

Um halb sechs rollen wir nach Kasr el Kabir. Allerhöchste Zeit irgendwo ein Platz für die Nacht zu finden. Es ist schon dämmrig. In den Vororten fühlen wir uns schlagartig nach Indien versetzt. Eselskarren, Fußgänger Fahrräder, Pferde, Mopeds und Autos kreuzen und hupen im gelblich blassen Straßenlicht wild durcheinander. Ich bin froh, dass auf das „Tscheiß GPS“ wieder einmal Verlass ist. Hotel, duschen, Essen. Heute ist Dieters Geburtstag und das feiern wir so gebührend wie möglich. Jeder bekommt ein halbes Huhn, Reis und Salat. (Vor Salat warnt ja jeder Reiseführer, er war jedoch sooo gut, und für den Fall der Fälle gibt es Apotheken. Die blinken statt mit grünem Kreuz – mit grünem Halbmond)

Nachher fragen wir uns durch, wo hier die Bar ist, wir spekulieren auf ein Bier … „ am besten geht ihr in die nächste Stadt, habt ihr ein Auto? Nicht? – Na ja, die Bar ist sehr versteckt, kein Licht außen … da vorne wo der Mann raus geht“…

 

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