30. Oktober / km 3506

30. Oktober / km 3506 / Tanger (A)

Extra früh sind wir aufgestanden. Die Wetterprognose: es soll tagsüber immer schlechter werden. Nach drei Kilometern brauchen wir schon die Regensachen. Egal, Hirn auf Stand by, nicht nachdenken sondern treten.

Zehn  Kilometer weiter, regnet es so stark, dass wir uns unterstellen müssen. Der Himmel ist monochrom, tiefgrau – also keine Front, sondern mieser, englischer Dauerregen. Was tun? Bahnlinien gibt es keine. Die Männer im Cafe, wo wir Schutz suchen, geben uns zur Auskunft: „Die Busse fahren dort drüben. Ihr dürft Busfahren, das Gepäck auch. Fahrräder dürfen nicht Bus fahren. Lasst doch die Fahrräder hier stehen und fahrt alleine“ … das passt nicht ins Konzept, also doch wieder -Stand by Modus einschalten und weiterkurbeln.

Dankbar für jeden Kilometer erreichen wir tatsächlich den riesigen, fast gespenstigen Windkraftpark, nun sind es nur noch 21 km. Auf der Straße recken sich synchron plötzlich wieder Hummerscheren drohend gegen uns. „Ja ja, wir machen einen großen Bogen um Euch – aber seid gewarnt, der LKW ist wenig beeindruckt, wenn der rote Hummer ihm droht“.

auf dem Weg nach Tarifa

fast gespenstig sehen sie aus

Fährhafen Tarifa: Perfektes Timing. Wir kaufen ein Ticket, rauf auf die Fähre und los. Es ist zwar das zwei Uhr Boot, unsere Uhr zeigt halb drei, Hauptsache wir kommen mit. Ich denke schon lange, dass ich das Gefühl  für die Zeit verloren habe. Sie ist aber auch dauernd verschoben: Portugal eine Stunde zurück, dann nach Spanien wieder eine Stunde vor. In der nächsten Nacht wurde die Uhr umgestellt, und nun ist wieder eine Stunde zurück …

Afrika! Da sind wir! Völlig durchweicht, triefend und bibbernd … und weiterhin regnet es Bindfäden. Der Zollbeamte kontrolliert den Pass, „hier raus“ zeigt er uns den Weg. Ich entgegne ihm: „eigentlich will ich hier gar nicht raus“ …

Die erstbeste Unterkunft war unsere. Heiße heiße heiße Dusche! Aah. Später leisten wir uns ein Casablanca Bier, der Kellner – optisch direkt dem gleichnamigen Film entsprungen – verwöhnt uns dazu gratis mit allerlei Leckereien. Das war ein nettes Willkommen. Den Rest würde ich mit: „alles scheiße, Deine Emmi“ zusammenfassen. Ich hoffe der erste Eindruck ändert sich bei besserem Wetter.

29. Oktober / km 3426

29. Oktober / km 3426 / Chiclana de la Frontera (E)

In Lissabon war es der eher schwermütige Fado, der an jeder Ecke zu hören war. Sevilla ist die Stadt des Flamenco. Irgendwo spielt immer ein Zweigespann: einer auf der Gitarre, der andere klatscht im zackigen Rhythmus. So verdient sich das Team einen kleinen Unterhalt, in den Kneipen der Altstadt. Im Hintergrund erhebt sich die Kathedrale, vom Vollmond beschienen.

Sevilla … das war gestern Abend, Kathedrale im Vollmondlicht

Heute Morgen sind die Gitarren verstummt. Ein !Radweg! geleitet uns stressfrei aus der Stadt heraus. Industriegebiete folgen, dann ist wieder Agrarwirtschaft angesagt. „Sag mal hat es hier geschneit?“ – Nein hier wird Baumwolle angepflanzt. Die fluschigen Wölkchen  und Fädchen liegen überall am Straßenrand, hängen in den Sträuchern und Gräsern. Die kleinen Feldwirtschaftswege teilen wir uns mit riesigen John Deere Traktoren und ähnlichem schwerem Gerät. Es ist Erntezeit. Und wir dürfen Zeuge werden, wie man die Baumwolle mit überdimensionierten „Rechen“ erntet und abtransportiert.

Baumwollrechen, der die Wölkchen fängt

Abtransport der Wölkchen

Das fluschige Gewölk begleitet uns noch sehr lange. Später führt der Weg vorbei an Jerez de la Frontera – hier haben wir unseren allerersten Kurzurlaub verbracht … vor acht Jahren hätten wir nicht vermutet, dass wir einmal mit dem Fahrrad wieder kommen würden …

Wir hoffen morgen trocken nach Tarifa zu gelangen und noch nach Tanger übersetzen zu können. Seit Anbeginn der Reise habe ich das Gefühl, dass der Körper recht schnell auf „Programm Palermo“ geschaltet hat. Immer wieder vergleichen wir die beiden Touren. Damals in Palermo habe ich mir gewünscht, dass es nicht zu Ende geht, dass wir in Afrika weiterfahren dürfen. Dieses Mal scheint das zu klappen. Keine Ahnung was uns dort erwartet. Wir sind sehr gespannt und ich hoffe, dass die Prophezeiung des heutigen Brotverkäufers nicht in Erfüllung geht, der mir sagt: „Ach, fahren Sie doch nicht dorthin, da wird man nur ausgeraubt.“

28. Oktober / km 3283

28. Oktober / km 3283 / Sevilla (E)

Spanier mutieren am Wochenende zu ausdauernden Feiernasen – zumindest in La Palma, zumindest in der Bar unter uns. Die ganze Nacht geht es laut und fröhlich zu, in den Morgenstunden ist dann mal Ruhe. – Bis sich um halb acht wieder das gefühlte ganze (männliche ) Dorf unter unserem Fenster zum Rauchen und Krackelen versammelt hat. Super Stimmung da unten!

Um neun ist alles schlagartig ruhig – wo sind die denn plötzlich alle hin? Gottesdienst? um die Sünden der letzten Nacht zu beichten? Beim Zurückgeben des Schlüssels sitzt noch ein letzter, versprengter (und vermutlich ungläubiger) Haufen an der Theke und knabbert Gebäck. Die ganze Bar liegt voller verknüllter Zettel – Getränkerechnungen, die nun die Putzfrau davon fegt.

Locker 50 km bis Sevilla – so hatte man sich den Morgen erträumt … Der Wind achtet die Sonntagsruhe genauso wenig, wie die Feiernasen. Einfach nur „volle Suppe“ ist die Devise.

Mit fest angezogener Handbremse kämpfen wir uns in die Stadt. Dieter und das „tscheiß GPS“ machen das wieder klasse! Wir landen bei Puente de Jerez, direkt am zentralsten Punkt, das erste Hostal ist unseres – die Radels dürfen nun die Aussicht vom Balkon genießen. Wir erkunden derweil Sevilla, das uns direkt in seinen Bann gezogen hat und für das Strampeln und Fluchen am Morgen reichlich entlohnt. Ein Besuch in Sevilla sei jedem ans Herz gelegt.

zwei Nasen am Plaza de Espana

27. Oktober / km 3224

27. Oktober / km 3224 / La Palma del Condado (E)

Auf nach Andalusien! 20 km trennen uns von der Grenze. Dieses Mal haben wir uns vorher erkundigt ob das wieder so eine Wochenend-Grenze ist, oder ob es eine richtige Brücke über den Grenzfluss gibt. Der Staudamm liegt ein Stückchen entfernt, es sollte keine Probleme geben.

Auf dem Weg dorthin treffen wir einen Belgier, der hier schon seit mehreren Jahren mit seinem Wohnmobil überwintert. Auf seinem Rennrad begleitet er uns ein wenig. „Dieser Landstrich ist die Wüste von Portugal, im letzten Winterhalbjahr hat es nur ein Mal pro Monat geregnet“, lässt er uns wissen.

Bei Pomarao passieren wir die Grenze. Keiner klatscht, keiner hält uns auf, keinen interessiert es. Lediglich als ich beim Entnehmen einer letzten portugiesischen Wasserprobe beinahe tüchtig ausgerutscht und in den Matsch gefallen wäre, da hätten die beiden Männer im Cafe dort bestimmt applaudiert … gut, dass ich mich noch fangen konnte, wäre ne ganz schöne Schweinerei geworden …

Keiner klatscht, keinen Interessiert es

In Andalusien tanzt auch nicht der Bär, die Landschaft scheint eher noch trockener. Ohne Verkehr rollen wir gemütlich dahin, genießen es. Und wenn ein Auto kommt dann hält es Abstand und der Fahrer hat es nicht ganz so eilig …

Abends radeln wir durch Niebla, die Menschen sitzen unterhalb der gewaltigen Festungsmauern in den Kneipen und Cafes, erhaschen die letzten Sonnenstrahlen.

Wir quartieren uns 50 Kilometer vor Sevilla ein. Bis dahin wollen wir morgen früh fahren, den Rest des Tages dort verbringen.

Dieter ist schon am Kochen. In Mértola haben wir einen Holzlöffel erstanden. Der rührt viel besser als der aus Plastik, der von der Hitze schon ganz verduddelt worden ist … Es gibt „Bicicletas“, ebenfalls aus Mértola.

lecker „bicicletas“ aus Mértola

26. Oktober / km 3100

26. Oktober / km 3100 / Mértola (P)

Nein, wir sind nicht mehr extra um den Block herumgefahren, der Tacho blieb tatsächlich genau so stehen! …

Der Volksmund sagt: „Lissabon ist Portugal, der Rest ist Landschaft“. Und genau so ist es. Felder, Felder, Tiere, dann kommt lange Zeit nicht s mehr. Sehr angenehm, so schön alleine unterwegs zu sein. Gesellschaft leisten uns lediglich Schafe, Ziegen, Kühe, Störche, kleine weiße Reiher und beim Anhalten: mächtig viele, lästige Stubenfliegen.

Auch sehr angenehm: der Wind. Heute sind wir auf der Gewinnerseite. Bei Seitenwind heißt das: bloß keine Hand vom Lenker! Kommt er von hinten, kann man „sailing to Mértola“ vor sich her pfeifen. Wow!

Und dann kamen uns zwei wie wir entgegen, schwer bepackt. Nun grüßen wir mal mitleidig …

Wir segeln also bis hier her, finden eine krachneue Unterkunft und ein Internetcafe. Der Ort ist richtig geschichtsträchtig, war mit seinem Hafen am Fluss Guardiana ein bedeutender Handelsplatz und gute hundert Jahre Sitz des Ritterordens von Santiago … so jedenfalls schildert es das deutsche(!) Faltblatt, das uns die nette Frau im Cafe heute Abend in die Hand drückt.

Mertola am Guardiana Fluss

25. Oktober / km 2975

25. Oktober / km 2975 / Grandola (P)

Wie angekündigt, verabschiedet uns Lissabon mit Gewitter und Regen bis spät in den Morgen hinein. Wir packen gemütlich unsere Habseligkeiten und rollen die fünf Kilometer zum Hafen hinunter. Eine weitere Flussüberquerung steht an, nur dass man dieses Mal offiziell Tickets für das Fährschiff kaufen kann und ich nicht befürchte, dass wir sinken oder verhaftet werden.

Auf der anderen Seite von Lissabon ist nur noch wenig Industrie angesiedelt, schnell wird es wieder ländlicher. Dafür müssen wir uns statt mit LKW s ständig mit Hunden rumschlagen, die gerne ein Stückchen Radfahrerwade erjagen würden. Scheinbar sind die besonders lecker – und seltenes Gut …

Die Autofahrer sind viel netter zu uns. Sanft hupen sie zu uns herüber und winken mitleidig hinter den verregneten Scheiben. Nur wehe es kommt ein Brummi. Die treiben ein garstiges Spiel! – Passen genau den Moment ab, wenn die Hupe auf Höhe des Radfahrerohres ist und blasen voll ins Horn. Das ist der Spaß des kleinen Mannes auf dem großen Bock – und noch möglichst nah am Radler vorbei, damit zum Horn auch noch mächtig der Wind weht – ach wie schön ist Portugal!

Kurz nach Alcácer do Sal: „Dieter, halt mal an, da ist ein Tier auf der Straße“ … das Tier ist ein Hummer, der sich wild mit seinen Zangen gegen mich verteidigt – ich „rette“ ihn trotzdem und bugsiere ihn wieder in den Fluss. Wenige Meter weiter ist das nächste Tier und das übernächste und alle recken uns die Scheren entgegen. Hier ist keine Kröten- sondern eine tödliche Hummerwanderung im Gange, wie die vielen roten Häufchen auf der Straße bezeugen…

Flusshummer auf der Wanderschaft

Trotz spektakulärer Gewitter und dazugehöriger Wolken  kommen wir noch trocken an. – Ha, zumindest diese Front hat uns nicht erwischt!

Einkaufen bei Lidl, die kleinen Märkte haben hier um sieben schon längst geschlossen. (Ja, Lidl und Aldi, haben ihren Siegeszug auch in Portugal fortgesetzt)

Die hiesige Unterkunft könnte – samt Personal – auch in der DDR sein. Lampen, Vorhänge und Möbel sind nicht auf 70er Jahre getrimmt, sie sind aus den 70ern. Das Telefon hat noch eine Wählscheibe! Die „Sonnenallee“ lässt grüßen, es wäre wenig verwunderlich ein vergessenes Glas Spreewaldgurken hier zu finden.

Siemens 9 / 74

Internet gibt s natürlich keins. Wir müssen dringend wieder nach Spanien… Hoffentlich lassen die uns noch mal rein, so ganz ohne Ausreisestempel?

Egal, Dieter freut sich über das frische Gas zum Köcheln und das Messer aus Lissabon, so hat doch alles noch sein Gutes.

24. Oktober / Lisboa

24. Oktober  / Lisboa

Wir hätten gestern Abend einfach nur noch einen Kilometer den Berg runter fahren sollen und wären im Pensao /Hospedaje/Hotel/ Rooms … Eldorado gelandet. Hier gibt es Unterkünfte ohne Ende, hinterher ist man halt immer klüger.

Im Tageslicht ist der düstere Hochhaus –Charakter, den die Stadt bei unserer Ankunft hinterlassen hat, wie weg geblasen. Den ganzen Tag laufen wir umher, durch die verwinkelten Gässchen, entdecken eine Sehenswürdigkeit nach der nächsten. Von den Hügeln hat man ein riesen Panorama über die Stadt, das ist eine Wucht! Besonders beeindruckt hat uns ein uralter eiserner Fahrstuhl von 1902, der mitten in einer der Gassen steht und weiter draußen die „Monsteiro dos Jeronimos“.

eiserner Fahrstuhl mitten in der Gasse

Unsere heute erstandenen Schätze sind eine neue Gaskartusche und ein Messer …

Die vielen, neu gewonnenen Eindrücke würden wir morgen gerne mit auf die Reise nehmen. Die Kleider sind gewaschen, der Hintern erholt, alles sieht gut aus für die Weiterfahrt – nur die Wetterprognose für morgen, die steht auf Gewitter und viel, viel Regen …

23. Oktober / km 2867

23. Oktober / km 2867 / Lisboa (P)

Wenn man schon mal über einer Kneipe nächtigt, dann muss man auch noch einen Trinken gehen, oder? „Sagres“ oder „Super Bock“ heißen die beiden gängigen Biere. Die ältere Dame hinter der Theke bringt  uns das gewünschte, „zwei Bier“ sagt sie plötzlich. Wie sich gleich darauf herausstellt, hat sie die Worte soeben gelernt –von einem der Männer, die sich vermutlich jeden Abend hier in der Bar treffen. „Ich fünf Jahre Deutschland, ein Bier, zwei Bier, drei Bier … sonst nix verstehen … Wanne-Eickel, Bochum, Kohle …“  Wir hatten eine lustige aber doch auch ganz seltsam zeitversetze Stunde mit den Leuten in der Bar.

Am nächsten Morgen werden wir auf s herzlichste verabschiedet. Die Dame drückt meine Hände in den ihren. Ich gehe davon aus, dass sie uns auf Portugiesisch nicht die Pest an den Hals, sondern gute Reise gewünscht hat.

Die haben wir erst mal. Sonne, Storchennester, Korkeichen, ganz bäuerliche Landstriche, fast ausschließlich alte Menschen, gekleidet mit Strickjacke, Kopftuch, Gummistiefel … Die Häuser sind auffällig frisch gestrichen, vorrangig weiß. Es gibt aber auch komplett geflieste Fassaden mit feinen Mustern.

Korkeichen

Storchennester auf den Stromasten

Lissabon kündigt sich von weitem an. Dichter Verkehr, Industrie, Genussradeln war anders. Dieter manövriert uns durch die Stadt. Es ist schon dunkel, wir suchen ewig nach einer Unterkunft, sind müde … ein chinesisches Büffet füllt die hungrigen Mägen. Morgen schauen wir, wo wir gelandet sind…

22. Oktober / km 2701

22. Oktober / km 2701 / Alvega (P)

Immer wenn mich jemand frägt, wohin wir denn eigentlich wollen, und ich erwähne Portugal, dann denke ich, dass mein Gesprächspartner innerlich einen Schritt zurück tut. Es ist so ein Gefühl. Na ja…

Die vierte Woche unserer Reise beginnt mit Nieselregen, dafür ist es schon am Morgen recht warm. Sonst, nach klarer Nacht, starten wir meist mit frostigen 2-3 Grad.

Es ist einsam hier und es wird mit jedem Kilometer einsamer. Man meint, dass die grauen Wolken nicht nur die Sonne, sondern auch jeglichen Laut geschluckt haben. Ganz still ist es wenn wir anhalten, nur das Zwitschern der Vögel und die Glocken der Tiere sind zu hören. Aber die Feuchtigkeit verstärkt die Gerüche. Sie waren gestern schon wunderbar, man kann sie nicht oft genug einsaugen.

Ein Bauer sitzt in seinem Traktor – mit aufgespanntem Regenschirm! – fröhlich zu uns herüber winkend pflügt er sein Feld, leider können wir seine lauten Rufe nicht verstehen.

Letzter Grenzort. Wir kaufen Brot, essen im Schutze einer Bushaltestelle. Die Straße wird immer schlechter. Flüsterasphalt ist was anderes, Dieter kommentiert: „noch zu geizig um mit der Walze darüber zu rollen“. Aber hier will eh keiner hin. Ein paar Exilschafe schauen mitleidig, man erwartet, dass die Welt hier endet.

Sie endet hier. Nicht in Form einer Scheibe an deren Rand man hinunter stürzt. Sie endet an einem Metallzaun mit Überwachungskameras. Der Zaun gehört zu einem spanischen Wasserkraftwerk. – Zugang verboten. Das Kraftwerk ist der einzige bauliche Zugang auf die andere Seite – 120 Meter über den Fluss, der Spanien von Portugal trennt. 120 unüberwindbare Meter für uns. Wir rufen und tatsächlich kommt wer. „Wir dürfen Sie hier nicht durchlassen – Prohibido“, sagen die beiden Männer. Nur am Wochenende ist geöffnet und heute ist Montag. Leider verloren – es gibt einen Weg außen rum, der fast 90 bergige km extra bedeutet. – Auf viel Bitten und Betteln ruft er seinen Chef an: doch auch dieser verbietet uns telefonisch die Passage. Das kann einfach nicht wahr sein! Wir stehen fassungslos vorm Zaun. Dann höre ich den Kollegen sagen: „aber Bootsfahren, das ist nicht verboten“- er zwinkert uns zu…

die Welt endet hier – drüben ist Portugal

Wir finden tatsächlich das besagte Boot. Es ist nicht sehr vertrauenserweckend und ich hoffe, dass das Wasser darin vom heutigen Regen stammt. Aber es ist eine Chance. Radels und Gepäck schaffen wir den Hang hinunter und verladen alles so, dass wir auch noch rudern können. So beginnt die gemächliche Einreise nach Portugal, vom Boot aus das Kraftwerk umschiffend. – wir sinken nicht, verlieren kein Gepäck, nass sind wir eh – und glücklich endlich drüber an zu gelangen.

unsere Einreise nach Portugal

Auf dem Schild steht: „Bem Vindo“ – zumindest heißt uns Portugal willkommen.

Wir schaffen es noch bis Alvega. Ein freundlicher Mann verkauft uns das Nötigste und gibt uns den Tipp, dass es über der Cervejeria (Kneipe) nebenan Zimmer gibt. 25 Euro kostet die Nacht, die haben bestimmt auch noch ein Bier für uns. Verstehen können wir gar nichts mehr. Die Menschen sagen irgendetwas, man schaut sich ungläubig an und lacht… das kann ja heiter werden.

Aber das Gefühl, dass die Spanier und die Portugiesen sich nicht so sehr mögen, das hat sich heute nicht wirklich entkräftet …

21. Oktober / km 2578

21. Oktober / km 2578 / Membrio (E)

Es ist einfach nur schön hier. Heute begleitet uns die Muschel des Camino de Santiago durch den Tag. Einige Wanderer sind noch unterwegs, die freundlich grüßen. Aber nur ein „echter“,  so wie man sich ihn vorstellt. Lange Haare, langer Bart, er trägt eine gelbe Reflektoren-Warnweste und zieht sein ganzes Hab und Gut hinter sich her. „Wollt ihr auch nach Santiago?“ – nee, nach Marrakech – „na dann trotzdem gute Reise“.

Pfefferschoten wachsen zuhauf, Tabakfelder säumen den Weg. Aus den Scheunen raucht es – hier wird das edle Gut getrocknet, geräuchert und schwer bewacht von Zähne fletschenden Hunden. In der Ferne hört man Schüsse. Die Spanier sind sonntags auf der Jagd, das scheint eine Lieblingsbeschäftigung der Männer zu sein. Wie radeln ständig durch „eingezäunte, private Jagdgründe“

feurig scharfe Früchtchen

Der große See „Embalsa de Alcántara“, ist eher enttäuschend, fast gänzlich ausgetrocknet. An den Rändern kann man ablesen wie hoch das Wasser manchmal reicht.

Wir radeln am Ufer entlang und wundern uns über all die Serien von Brückenpfeilern, die hier völlig unmotiviert  in der Landschaft stehen. Ein Schild bringt die Auflösung: man baut hier allen Ernstes eine Autobahn nach Portugal! Die Straße ist doch super ausgebaut, Verkehr gibt es fast keinen. Und dann bauen die parallel eine Autobahn  – was bitte soll das?

Es ist wieder spät als wir vom Radel steigen. Aber die Entscheidung  bis hierher weiter zu fahren, hat sich gelohnt. Nur noch ein Katzensprung bis Portugal.  Die Unterkunft ist super nett, ein „Hostal Rural“ mit Charme. Wir sitzen in der Bar unter mehreren Hirschgeweihen, die Männer an der Theke sinnieren über das Leben, der Fernseher plärrt dazu.

Portugal, wir kommen!